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“Welcome to Egypt"

Eine spirituelle Reise zu den Tempeln und Kraftplätzen am Nil


„Eine Frage bitte: Wie schreibt man »Frohe Weihnachten«?" Es ist Oktober, etwa 30° Celsius und ich befinde mich auf einer staubigen Straße irgendwo in Luxor, als mich diese merkwürdige Frage eines schmächtigen Ägypters aus meinen Gedanken reißt. Obwohl zum 4. Mal in Ägypten, falle ich wieder mal auf einen simplen Trick herein, mit dem mich der Ladenbesitzer in seinen Shop locken will. „Please come in." Kaum bin ich drinnen geht die Sondierung los. „Welcome to Egypt. What´s your country? What´s your name?" Dann die übliche Leier, daß sein Shop besonders günstig ist, weil etc. ppp.... Genervt stürze ich aus dem Laden.

Ägypten ist genauso faszinierend wie es anstrengend ist. In vieler Hinsicht herrscht hier noch finsteres Mittelalter (mit entsprechenden Vor- und Nachteilen). Wenn ich in unserem 4-Sterne-Hotel am Nil mit allem westlichen Komfort im Gang die verblendeten Fenster nach hinten aufmache, schaue ich auf eine ländliche Idylle, wie sie vor 3000 Jahren nicht anders ausgesehen haben kann: ein mit braunen Lehmziegeln grob gemauertes Häuschen mit einem Hof voller Hühner und ein paar Ziegen, spielenden Schmuddelkindern und einer keifenden alten Frau. Desgleichen in den Dörfern entlang des Nils. Überall Ochsen oder Esel als Zug- und Reittiere, Zuckerrohrfelder, barfuß spielende Kinder und und und. Spätestens wenn der Muezzin anfängt, über plärrende Lautsprecher die Gläubigen zum Gebet zu rufen, weiß ich, daß in den meisten Orten hier zumindesten die 60er Jahre angebrochen sind. Aber wir wollten ja auch nicht ins moderne Ägypten. Die Gruppe von 16 Frauen und 4 Männern, die ich mit meinen Partnern Lothar Rapior und Sheri Pari nach Ägypten gebracht habe, reist bewußt in die Vergangenheit und da paßt dieses Ambiente teilweise schon.

Ägypten ist in mancher Hinsicht die Wiege europäischer Kulturen. Unglaubliche kulturelle, astronomische, bautechnische und künstlerische Leistungen hat das Land hervorgebracht, als in Europa Kelten und Germanen noch in Stammesclans hausten und das Rad generell noch nicht erfunden war. Aber was uns hier noch mehr interessiert, ist die spirituelle Vergangenheit dieses Landes, wie sie sich in zahllosen gigantischen Tempelanlagen und natürlich auch den Pyramiden manifestiert hat, die konventionellerweise für reine Grabmäler gehalten werden. Selbst mit unseren technischen Mitteln wären wir heute noch nicht in der Lage, die 145 m hohe, bis auf die Bogenminute exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete Cheopspyramide nachzubauen. Aber dazu später mehr.

Wir sind Anfang Dezember dem naßkalten mitteleuropäischen Unwetter entflohen, um hier im Land der Pharaonen unserer eigenen Vergangenheit nachzuspüren. Die meisten in der Gruppe sind sich sicher, in grauer Vorzeit hier schon (mindestens) einmal gelebt zu haben und wollen dem selbst vor Ort in den Tempeln einmal nachgehen.

Unsere erste Station ist Luxor, das Theben der Pharaonen, das politische und religiöse Zentrum von fast 2000 Jahren Zeitgeschichte. Viele große Pharaonen, wie Ramses II und III, Amenophis I - III, Echnaton und Hatschepsut haben hier gelebt und gewirkt und ihre Spuren in Form gewaltiger Monumente, Kapellen, Statuen, Tempeln, An- und Umbauten hinterlassen. Fast alle Tempelmauern sind übersät mit Reliefs ihrer Taten und Darstellungen ihrer Huldigungen an die Göttertriade von Theben (Amun, Mut und Chons). Der Nil teilt das Gebiet des alten Theben in zwei Welten, die Stadt der Lebenden (das heutige Luxor) und die Stadt der Toten (die sogenannte Westbank mit dem Tal der Könige, dem Tal der Königinnen, dem Hatschepsut-Tempel und einigen weiteren Totentempeln).

Aber wir machen keine Studienreise, wir machen eine Selbsterfahrungs-Expedi tation in unsere eigene Vergangenheit, um unsere spirituellen Wurzeln wiederzufinden. Das alte Ägypten hatte ein hohes spirituelles Wissen, und bestimmte esoterische westliche Orden bauen noch heute auf diesem auf. Auch die Tarotkarten stammen von hier und der astrologische Zodiak. Bis zum beginnenden religiösen und kulturellen Niedergang etwa 1400 v.Chr. weihten Hohepriester in gründlichen Schulungen Hunderte von Schülern und Priestern in die Mysterien von Tod, Leben und Wiedergeburt ein. Die Ausbildungen, Prüfungen und Initiationen waren langjährig und hart und bei Fehlern oder Nichtbestehen drohte der Tod oder ein Leben als Diener im Tempel. Bücher, wie die „Einweihung" von Elisabeth Haich, lassen uns etwas von dem Flair dieser Zeit spüren.

Aber zurück zur Gruppe und ins 20. Jahrhundert. In Luxor sind zwei Tempel von Bedeutung: Der Luxortempel direkt an der Uferstraße am Nil und der Karnaktempel, der 1 km weiter am Rande von Luxor liegt. Beide sind bzw waren miteinander durch eine Allee von Widdersphingen verbunden, von denen noch Teile vorhanden sind. Die Stadt hat sie geschluckt und die Steine sind teilweise in den Häusern verbaut.

Wir haben uns die Abendstunden für den Luxortempel ausgesucht, weil erfahrungsgemäß wenig Touristen in dieser Zeit den Tempel frequentieren. Unserem Konzept entsprechend hat jeder erst einmal genug Zeit, den Ort auf seine Weise zu erleben, seinen Rhythmus und seiner inneren Stimme zu folgen. Damit wir trotzdem „in Verbindung" bleiben und um äußere Störungen weitestgehend auszuschalten, hat jeder eine speziell vorbereitete Kassette bekommen, die er mit Walkman und Kopfhörern beim Betreten des Tempels einschaltet. Keine Namen, Jahreszahlen und andere Fakten, kein Führer, der über den Kopf von lebendigen Erfahren ablenkt. Leider macht jeder erst einmal seine eigenen Erfahrungen mit dem meistbenutzten magischenWort „Bakschisch". Für fast alles braucht man Bakschisch. Es soll Wächter geben, die andere oder die Verwaltung dafür bezahlen, Wächter an einem von Touristen frequentierten Ort sein zu können, da die Tages-Bakschisch-Einnahmen unter Umständen den Wochen- oder Monatslohn eines vom Staat bezahlten Angestellten übersteigen können. Auch wenn diese magische Geste des Griffes in die Tasche einem alle möglichen, offiziell nicht zugänglichen Orte erschließen kann, so ist es auf die Dauer echt nervenaufreibend. Selbst der Kapitän einer Fähre steht nach der Überfahrt regelrecht fordernd vor mir als Gruppenleiter und verlangt seinen Extra-Obulus. Für jedes Foto, das man von einer Person macht, wird einem sofort die Hand hingehalten. Diese Erfahrung können wir auch unseren Gruppenteilnehmern nicht ersparen. Nach drei Tagen hat man eine Bakschisch-Allergie.

Nachdem jeder seinen Weg mit mehr oder weniger viel Bakschisch zum Allerheiligsten gefunden hat, sammelt sich ein Teil der Gruppe in diesem überdachten Komplex. Einige haben schon starke Erfahrungen hinter sich, z.B. vibrierende oder pulsierende Stellen entdeckt, und nun vereint sich die Gruppe wieder zu einer kurzen Meditation. Anderthalb Stunden sind bisher vergangen und der Tempel hat schon starke Spuren bei einigen in der Seele hinterlassen, während andere noch unberührt sind. Auf dem Rückweg zum Hotel fahren wir mit der Kutsche durch die engen von Leben wie aus 1001 Nacht überquellenden nächtlichen Straßen von Luxor. Eine eigene fremde faszinierende Welt.

Am nächsten Morgen ist Karnak, Ägyptens größter Tempelkomplex, angesagt. Wir fahren 7.30 Uhr los, um vor den Touristenmassen die leere gigantische Weite des Tempels erfahren zu können. Kein normal Sterblicher hatte früher Zugang außer den Priestern und Pharaonen; im innersten Heiligtum selbst sogar nur der Hohepriester und der Pharao. Heute trampelt Herr Müller und Mrs. Smith hier durch, einmal klick hier und einmal klick da und in allen Ecken Gruppen, deren Reiseführer die historische Litanei in allen möglichen Sprachen zum Besten geben. Jeder hat wieder 45 Min. für sich, bevor wir uns - wie geplant - um den heiligen See zu einer 15-minütigen Meditation treffen. Alle sind wir mit gleichen Musik verbunden und von außen abgeschirmt, denn es wird langsam unruhig um uns herum. Drei aus der Gruppe versinken dabei so, daß sie von anderen zurückgeholt werden müssen.

Die nächste Station ist eine gut erhaltene Sekhmet-Statue in einem kleinen Ptah-Tempel etwas abseits. Erfahrungsgemäß für viele ein starkes Erlebnis, was sich unter anderem darin niederschlägt, daß sich viele anschließend Sekhmet-Statuen kaufen. Sekhmet, die Göttin mit dem Löwenkopf, ist wie Kali eine Göttin mit destruktivem Aspekt (Rache, Krieg), aber auch eine Göttin der Heilung. Wir machen erst ein gemeinsames Toning, dann hat jeder Gelegenheit, allein zu Sekhmet in den Nebenraum zu gehen und seine persönliche Begegnung zu haben. Auch hier fließen wieder ein paar Tränen, einige haben Deja-Vu-Erlebnisse. Einer geht schluchzend in die Knie und bittet Sekhmet um Verzeihung. Eine von vielen ergreifenden Szenen, die wir auf unserer Reise erleben. Das allabendliche Sharing bringt immer wieder erstaunliche Erfahrungen und Einsichten zutage.

Wir haben eigentlich fast jeden Tag einen Tempel im Programm, was auch reicht. Daneben, meist über die heiße Mittagszeit, ist Pool und relaxen angesagt. Viele beginnen nun die unerschöpfliche Vielfalt von Souveniers zu entdecken, trauen sich in die fremde Welt außerhalb des Hotels und lernen zu handeln. Bei normalen Läden und auf dem Basar oder bei den Fliegenden Händlern an den Tempeln kann man die Preise, die anfänglich genannt werden, auf bis zu 25 % herunterhandeln, was etwas Training und Ausdauer erfordert, aber sich lohnt und Teil des Verkaufsrituals ist. Wer etwas zum Originalpreis kauft, nur weil es ihm billig oder angemessen vorkommt, ist selbst daran schuld und das Reisebudget schmilzt schnell dahin. Die Renner sind Schmuck, Parfüms, Statuen, Papyrusbilder, T-Shirts und vieles, vieles mehr.

Unser nächster Ortstermin ist Dendera, ein Tempel, der in der jetzigen Form in der Zeit von Kleopatra etwa 80 v.Chr. gebaut wurde. In esoterischen Kreisen gilt er als Einweihungs- und Heilungstempel. Das Besondere an Dendera ist, daß er noch komplett überdacht und damit gut erhalten und auch schattig ist. Außerdem hat er eine Krypta, in die man hinabsteigen kann, und die hat es in sich. Hier wurden offensichtlich - ähnlich wie in Abydus und Edfu - die Einzuweihenden für einige Zeit (3 Tage) nur mit Wasser versehen und in völliger Dunkelheit und Stille isoliert. Fast jeder, der hier einmal eine Weile allein ist (man muß durch eine kleine Öffnung hinunterkriechen) hat hier eine Erfahrung, eine Vision, ein Past-Life-Deja-Vu oder nur eine Gänsehaut. Mich ereilt es in Edfu, aber davon später. Die Bilder an den Wänden sind gut erhalten, sehr ausdrucksstark und fremd und vertraut zugleich.

Wir treffen uns auf dem Dach mit herrlichem Rundblick wieder. Manfred, einer unserer ältesten Teilnehmer, hat eine Höhenphobie und mit Mühe die kleine Metalltreppe nach oben geschafft. Nun sitzt er schweißgebadet in der Mitte des Daches und hat panische Angst, wieder aufzustehen. Wir bilden einen Kreis um ihn und ich initiiere ein Ritual um ihn, in dem ihm jeder etwas von seiner Kraft und seinem Selbstvertrauen abgibt. Danach bilden wir unten und oben an der Treppe einen unterstützenden Halbkreis und Manfred hat seine ganz persönliche Initiation, diese normalerweise Panik auslösende Treppe wieder herunterzugehen. Als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre, steigt er herunter. Kurz danach noch eine andere Treppe ohne Geländer , die auch von normalen Menschen Achtsamkeit verlangt. Er ist geheilt und hat noch bis zum Ende der Reise viele Gelegenheiten zum Testen - und besteht sie alle. Ein weiteres High light in Dendera ist natürlich das innere Heiligtum und unsere halbstündige Abschlußmeditation im ehemaligen heiligen See, der jetzt eine kleine, von hohen Mauern umgebene Palmen-0ase ist.

Bevor wir auf das Kreuzfahrtschiff umsiedeln, ist noch die Westbank mit dem Tal der Könige und der Hatschepsut-Tempel "Pflichtprogramm". Gottseidank sind wir nachmittags da, als nicht mehr soviel Touristen unterwegs sind. So ist es wirklich ein Genuß, die farbige, teils recht gut erhaltene Bilderwelt der Gräber zu entdecken. Was an Inhalten von den Grabräubern verschont oder übriggeblieben ist, befindet sich in den großen Museen der Welt, insbesondere natürlich Kairo (wo wir später noch hinkommen) und liefert so ein erstaunlich gutes Bild der damaligen Zeit, ihrer Mythen und Bräuche. Hier gönnen wir uns einen Führer, der alles erklärt und Fragen beantwortet. Gamal spricht gut deutsch, ist witzig und charmant und begleitet uns auch die nächsten drei Tage auf dem Schiff nach Assuan. Nach dem Hatschepsut-Tempel, der z.Zt. nur von außen zu begutachten ist, genießen wir noch einen Fruchtpunsch bei Sonnenuntergang auf der Dachterrasse eines Restaurantes, bevor Nut, die Himmelsgöttin, die Sonne verschluckt, um sie am nächsten Morgen wieder neu zu gebären.

Das Schiff legt am Vormittag ab und gemütlich geht es stromaufwärts Richtung Assuan. Szenen wie aus einem Bilderbuch ziehen an uns vorbei: Dörfer, spielende Kinder, Kühe, Esel, Palmen. Durch den Rahmen meines Fensters ist es wie ein Film. Einige holen sich nun ihren ersten Sonnenbrand auf dem Deck am Pool, die obligatorischen Postkarten werden geschrieben. Drei Tempel erwarten uns auf dem Weg nach Assuan: Edfu, Kom Ombo und Philae. Die meisten Tempel sind in ihrer Struktur ähnlich aufgebaut. Eine große, hohe Eingangsfront mit Portal (Pilon), eine gigantische Säulenhalle als Vorraum, evtl. ein Hof davor, der mittlere Bereich mit diversen Nebenräumen, das innerste Heiligtum (Sanktuarium), wo die heilige Barke und die Statue der jeweiligen Gottheit aufbewahrt wurde und darum herum nochmals mehrere Räume. Stärkste Anziehung hat auf unsere Gruppe meistens das Sanktuarium und - je nachdem, wie frequentiert der Tempel gerade ist - treffen wir uns meist in kleinen Gruppen oder alle dort, um die Energien zu spüren, einen Kreis zu bilden und zu meditieren. Mich ziehen vor allem die Krypten an, die es in Dendera und Edfu gibt.

In Edfu gibt es vier davon, die sich hinter und unter dem zentralen Heiligtum befinden. Offiziell sind sie zu, aber die Wächter lassen nur allzu gerne Leute hinein, wissen sie doch, daß es sich meistens für sie lohnt. Da es hier keine Stufen und Leitern gibt, muß ich mich herunterhangeln bzw. in die andere hochstemmen. Ich habe Gott sei Dank meine Taschenlampe dabei, sonst wäre ich gleich in eine der Fallgruben gestürzt, die für den unaufmerksamen, unbewußten Initianten angelegt sind, der im Stockfinsteren seinen Weg finden muß. Rechts und links Nischen, in denen wahrscheinlich Götterstatuen zum Erfühlen standen. Der Gang ist verwinkelt und führt dann in einem Knick nach unten. Fledermäuse fliegen lautquietschend haarscharf an meinem Kopf vorbei. Mein Adrenalinspiegel steigt sprunghaft. Ich bin hellwach, setze mich auf einen Stein und mache das Licht aus. Totale Stille, Dunkelheit, schwarze Leere. Bilder stürmen auf mich ein, Szenen einer Initiation. Mir scheint, als wurden hier u.a. paranormale Fähigkeiten geschult und getestet. Diese Krypta ist mir vertraut. Zehn Minuten lang laufen innere Filme in mir ab, bis ich ein entferntes Rufen des Wächters vernehme.

Als ich herauskomme, höre ich ein wohlbekanntes Mantra singen. Ich folge den Tönen und finde eine weißgewandete Grupe von Engländern. Ich schließe mich dem Kreis an und beobachte die inbrünstig Singenden mit teilweise verklärten Gesichtern. Wie ich später erfahre, habe ich es hier mit einem Paar und ihren Anhängern zu tun. Keine Geringeren als der reinkarnierte Osiris und seine Göttergattin bzw. Schwester Isis stehen vor mir. Als alter Skeptiker nehme ich dies einfach einmal zur Kenntnis und enthalte mich weiterer Kommentare. Auch Sheri hat in diesem Tempel eine wichtige Erfahrung, die sich spürbar in ihrem Verhalten auswirkt: sie wird sehr viel weicher.

Die Reise geht weiter: Kom Ombo, der Tempel des Krokodilgottes Sobek, dann Philae, der von der UNESCO verlegte Inseltempel der Isis, alle gewaltig in ihren Dimensionen, alle mit westlich rationalem Denken nicht erfaßbar. Diese Tempel kann man nur erfahren und erfühlen. Wer sie mit den oberflächlich historischen Fakten der Tourguides versucht zu verstehen, verpaßt das Eigentliche, die Botschaft. Das gilt ganz besonders für die großen Pyramiden, die als nächstes auf uns warten.

Wir fliegen von Assuan nach Kairo und quartieren uns in einem der 5-Sterne-Hotels mit Pyramidenblick ein. Westliches Fitness-Center, Sauna, Whirlpool und Massage sind ein absolutes Kontrastprogramm zum Leben auf der Straße, wo um jedes Pfund gefeilscht wird. Eine Nacht in diesem Hotel entspricht dem Monatslohn eines staatlichen Angestellten. Einigen verursacht diese Tatsache Bauchschmerzen (oder Durchfall), die anderen wiederum genießen das kurzfristige Reichsein. Überall bekommt man die Tür aufgehalten und in der Toilette wird einem der Wasserhahn aufgedreht und das Trockenpapier gereicht. Man kann sich dabei wie ein Idiot oder wie ein König fühlen oder es nehmen, wie es ist: ein Spiel, von dem jeder profitiert. Ich habe beide Seiten erlebt und genieße nun einmal diese hier für ein paar Tage.

Kairo hat viele Highlights: die Zitadelle, Kairos schönste Moschee auf einem Hügel, die koptische Kirche El Zeitoon, über der ein Jahr lang Mutter Maria erschien, der grandiose Basar, der absolut irrsinnige Verkehr einer 15 Millionen Einwohner zählenden Stadt, wo Ampeln, Spuren, Markierungen und Verkehrsregeln nur symbolischen, aber keinen praktischen Wert haben, und natürlich die Pyramiden, von denen es in ganz Ägypten 94 gibt. Ich erzähle jetzt nur von den Pyramiden um Kairo, alles andere würde zu weit führen.

In Dashur, der erst seit Oktober der Öffentlichkeit zugänglichen Roten Pyramide vierzig Kilometer südlich von Kairo, hat Lothar zusammen mit zwei anderen eine Ufo-Sichtung. Ein silbernes Objekt, das im Dreieck fliegt, im Mittelpunkt von drei gegen die Windrichtung rotierenden Wolken stehenbleibt, und sodann plötzlich in einer über der Pyramide stehenden Wolke verschwindet.

Meine zweite Initiation auf dieser Reise habe ich in Sakkara im Grab des Unas, 25 m tief in der Erde. Ein Sarkophag, die Grabkammer der Frau des Pharaos und der legendäre Raum mit den ältesten Hieroglpyhen, die bisher gefunden wurden, den sogenannten Pyramidentexten, die von einem mysteriösen Sternenkult mit Orion und Sirius berichten, befinden sich hier (siehe Bestseller von Robert Bauval „Das Geheimnis des Orion")

Wir sind extra früh gekommen, um möglichst ungestört eine Stunde hier unten allein sein zu können, und haben dazu mit ein paar Scheinchen nachgeholfen. Die Männer gehen in den kleinen Raum, Sheri legt sich in den Sarkophag und ich bin mit den Frauen in der Unas-Kammer. Wir machen das Licht aus. Nachdem die Frauen erst einmal alleine die Vokale A-E-I-O-U intoniert und dann ihren eigenen Ton als Gruppe gefunden haben, geben sie eine Öffnung in ihrem Kreis frei, um mich aufzunehmen. Ich komme mit meinem Ton dazu und fühle mich aufgenommen. Dann begebe ich mich in die Mitte - ein kribbeliges Gefühl. Die Töne verklingen. Stille. Nur der Atem ist zu hören. Minuten vergehen, als plötzlich ein Gefühl aus meinem tiefsten Innern auftaucht und in die Dunkelheit geboren wird. Ich habe das tiefe Bedürfnis, alle Frauen, die ich jemals (ob in diesem oder früheren Leben) verletzt habe, um Verzeihung zu bitten. Kaum habe ich dies ausgesprochen, folgt eine Flut von Tränen, gemischt mit Schmerz, Gram und Trauer. Mehrere Frauen stimmen in mein Weinen ein und der Kreis um mich wird enger. Ich werde gehalten und weitere, lang unterdrückte Gefühle brechen hervor. Nach kurzer Zeit weinen wir alle, bitten um Verzeihung, Geduld, Liebe, Einheit und Frieden zwischen den Geschlechtern auf der Erde. Es sind meine schönsten Momente auf der ganzen Reise - eine Einweihung im Kreis der Frauen tief in Mutter Erde.

Erst Lothar und kurz darauf ein paar Japaner holen mich wieder in die irdische Realität zurück und zehn Minuten später stehen wir wieder unter ägyptischer Sonne. Lothar hat einen toten Skarabäus (Pillendreherkäfer) aus dem Grab mitgebracht, der nun noch feierlich bestattet wird. Dann geht es zurück ins Hotel.

Der geplante Höhepunkt unserer Reise ist die Neumondmeditation, die wir am vorletzten Tag von 5 bis 8 Uhr morgens exclusiv in der Cheops-Pyramide „gebucht" haben. Das ist nicht ganz einfach und kostet einiges, aber es lohnt sich. In diesem gigantischsten und geheimnisvollsten Bauwerk der Erde einige Stunden ohne künstliches Licht in totaler Stille meditativ allein sein zu können, ist ein unglaubliches Geschenk. Hier haben nach Ansicht vieler Esoteriker die größten Einweihungsrituale und magische Initiationen stattgefunden. Hier ist ein uraltes, für die Menschheit von damals und heute großes Wissen im Stein manifestiert. Viele Forscher vermuten noch unentdeckte Kammern unter der Sphinx und der Pyramide bzw. einen unterirdischen Gang zwischen beiden und erst kürzlich ist durch Forscher (u.a Gantenbrink) dieses konkret nachgewiesen worden. Noch zögert die ägyptische Regierung bzw. das zuständige Ministerium, offensiv weiterzuforschen. Kritiker meinen, daß die begründete Angst besteht, daß das ganze akademische Gebäude der klassischen Ägyptologie zusammenbrechen könnte, würde man geheime Kammern finden. Laut Edgar Cayce soll unter der Sphinx die sagenumwobene „Hall of records" sein, in der u.a. Hinweise auf Atlantis und unsere Herkunft ruhen.

Jeder in der Gruppe hat seine ganz eigenen Erwartungen und Hoffnungen, als es am Dienstag morgen um 4.45 Uhr losgeht. Ein verschlafener Inspektor muß erst noch aus dem Bett geholt werden, bis es dann kurz nach 5 Uhr endlich soweit ist. Zweiundzwanzig erwartungsvolle Menschen begeben sich in die heiligen, seit Jahrzehnten so profan mißbrauchten Gänge und Kammern der großen Pyramide von Gizeh. Nur der Gang und die Galerie sind für zehn Minuten beleuchtet, dann wird dieses Licht wieder gelöscht. Ich komme als erster oben in der Königskammer an, entzünde ein paar Kerzen und ein Räucherstäbchen. Nachdem alle ihren Platz gefunden haben, spricht Lothar ein kurzes Gebet, dann werden die Kerzen ausgemacht und es folgt noch ein kurzes Toning und ein OM. Die Akustik ist enorm und hallt in Körper und Seele wider. Dann Stille ...

Jeder geht eine halbe Stunde lang auf seine eigene innere Reise, einige atmen schwer. Dann wird wieder eine Kerze angezündet und ich gehe als erster in den Sarkophag. Zufälligerweise liegt noch der große Kristall in ihm, den Lothar vorher hineingelegt hat. Er spielt in den nächsten Minuten eine wichtige Rolle bei der Heilung einer alten Wunde. Ich erhalte einige bildhafte Antworten auf zwei Fragen, die mir sehr wichtig sind, und verliere jedes Gefühl für Zeit. Irgendwann klopft es am Sarkophag. Lothar mahnt mich, in die Gegenwart zurückzukommen, denn ich bin nicht der einzigste, der dieses „Stargate" ausprobieren will. Ich bin mir bewußt, daß es mehr als ein paar Minuten braucht, um das Potential dieses Dimensionstores zu aktivieren. Töne spielen eine wichtige Rolle dabei. Ich habe eine Ahnung bekommen und steige mit großer Ehrfurcht wieder aus.

Während die anderen, einer nach dem anderen, sich auch noch in dieses steinerne Urgefäß legen, gehe ich in die Königinnenkammer, die genau in der Mitte der Pyramide unterhalb der Königskammer liegt. Auch hier mache ich wieder wichtige Erfahrungen für mich und erhalte klare Visionen und Hinweise. Ich bin nun schon zum vierten Mal dieses Jahr hier; langsam fühle ich mich hier wie zuhause und könnte mir vorstellen, einmal eine ganze Nacht hier zu sein.

Die drei Stunden sind schneller vorbei als uns lieb ist. Wir werden etwas hektisch hinausgebeten, weil ein polnischer Minister um kurz nach 8 Uhr erwartet wird. Völlig geblendet, taumeln wir in die Morgensonne und beobachten den herannahenden Konvoi des Ministers, verteilen Bakschisch und sind zufrieden. Joy, unser amerikanischer Gast, die draußen geblieben ist, erzählt uns ganz begeistert, daß sie unseren Gesang von außerhalb hat hören können. Nach einem kurzen Abstecher zur morgendlichen jungfräulichen Sphinx, die leider von einem Zaun umgeben ist, erwartet uns das reichhaltige Frühstückstraumbuffet unseres Hotels. Eine der intensivsten Reisen meines Lebens geht langsam zu Ende. Die 12 Tage kamen mir (und auch einigen anderen) vor wie 3 Wochen und ich weiß „es war nicht das letzte Mal".

David Luczyn

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