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Tantra Vom meditativen Umgang mit der Lust Tantra, ursprünglich ein östlicher Einweihungsweg, der die sexuelle Energie benutzte, um höchste spirituelle Ziele zu verwirklichen, hat seit einiger Zeit eine westliche Variante für sexuell und spirituell experimentierfreudige Zeitgenossen erhalten - mit den entsprechenden Vor- und Nachteilen. Tantra wird hier oft als legitimierendes Fachwort für eine neue, bewußtere und lebendigere Sinnlichkeit mit einem Hauch von Meditation verstanden. Ein neuer Umgang mit der Lust wird hier propagiert und geübt, wobei hier Lust auch als Synoym für sexuelle Energie verstanden werden kann.
Wenn man das Angebot an Tantra-Gruppen auf dem Psycho- und Esoterikmarkt betrachtet, so fallen einem zuerst die phantasievollen Untertitel auf wie zum Beispiel "Im Garten der Liebe" , "Perle der Liebe" "Feuer der Transformation" "SkyDancing Tantra", "Training für transpersonale Energiearbeit", "Eros und Meditation", oder "Alchemie des Herzens". Begibt man sich dann aber auf ein solches Tantra-Schnupper-Wochenende, so kann es sein, daß man sich zuerst einmal über die vielen Autos der gehoberen Mittelklasse wundert, die vor den Toren des Seminarhauses/ Hotels stehen. Im Gruppenraum angekommen, lasen sich angesichts der legeren Kleidung die sozialen Unterschiede meist nur noch auf den zweiten Blick erkennen. Tantra bzw. der vielversprechende "andere Umgang mit der Sexualität" zieht Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten in seinen Bann. Geschäftsleute sind genauso vertreten wie Hausfrauen und Angestellte. Obwohl die 30 bis 50jährigen altersmäßig den größten Anteil stellen, findet man auchTwens und Rentner unter den Seminarteilnehmern. Das Thema und Interesse an dem anderen Geschlecht vereint sie alle in der Meditation und bei den verschiedenen sinnlichen oder therapeutischen Übungen und Ritualen.
Man könnte zwischen "soften" und "harten" Tantra-Gruppen unterscheiden. Das sind entweder solche, die noch sehr behutsam mit der Thematik umgehen (Werbetext: Energiewahrnehmung, Sinnlichkeit und Sexualheilung, Beziehungsklärung, Begegnung und Energie) oder solche, die "Tantra für Rebellen! Energetisch und intensiv" propagieren. Die Steigerung von Tantrawochenenden und Wochen sind "tantrische Jahrestrainings". Die Vorreiterin solcher Jahrestrainings und mehrfache Buchautorin Margo Anand Naslednikov zum Beispiel hat ihr Jahrestraining für "Ekstase und Liebe" in drei Zyklen unterteilt. Erster Zyklus: Energie und Orgasmus (die Freude des Körpers), zweiter Zyklus: Liebe (die Freude des Herzens), dritter Zyklus: Ekstase (die Freude des Geistes). Erwähnenswert ist der erfreuliche Hinweis: Als Weiterbildung anrechenbar für Ärzte, Psychologen und heilende Berufe! SkyDancing Tantra ist - so verspricht die Info - "ein einfacher, schrittweise vorgehender Prozeß für jeden, der einen sanften und bewußten Weg finden möchte, um die sexuelle Vereinigung als eine Brücke von Körper und Seele zu erfahren. Bei dieser Integration wird körperliche Lust zu einer Freude des Herzens und zu einer Ekstase des Geistes". Tantra wird sowohl für Singles als auch für Paare angeboten, wobei allerdings manche Paare als Single oder neu gepaart aus einer Gruppe herauskommen. Und es ist auffällig, daß aus vielen Schnupper-Tantrikern "Wiederholungstäter" werden, denn der meditative Umgang mit der Lust und die leichte und direkte Art der zwischengeschlechtlichen Kontaktanbahnung weckt die Lust auf "Mehr", wobei nicht auszuschließen ist, daß man in Tantra-Gruppen auch sehr viel über sich selbst und einen bewußteren und genußvolleren Umgang mit seiner Sexualität lernen kann. Literaturhinweise: Margo Anand Naslednikov: Tantra oder die Kunst der sexuellen Ekstase, Goldmann Nick Douglas - Penny Slinger: Das große Buch des Tantra, Sphinx, 1988 Micheal Plesse/Gabrielle St. Clair: Feuer der Sinnlichkeit - Licht des Herzens, Goldmann, 1992 Connection Special: Tantra - Liebe, Sexualität, Bewußtsein, Connection-Verlag, 7025 Z. |